Denn der teils völlig irrsinnig-enthemmte Skizirkus hat mit Bergsport, wie wir ihn im Alpenverein betreiben wollen, wahrlich nichts mehr zu tun. Was aber machen, wenn der Winter zumindest kalendarisch da ist und die Lust auf Skitouren groß und der Zeitpunkt für die Aktionsausfahrt da – aber die Schneelage ist mau? Vor dieser Situation standen fünf Skitourengeher unserer Sektion Ende Januar 2023. Alpenweit hatte es nur sehr wenig geschneit, die Lawinensituation war auch deshalb komplex und das Wetter - naja, sprechen wir nicht weiter drüber.
Start bei Regen
Zu fünft starteten wir im VW-Bus ins tirolerische Schmirntal, ganz in der Nähe des Brenners und damit kurz vor der Grenze zu Südtirol. Unsere Unterkunft bei Hany und Andreas im Wildlahner kannten wir bereits von einem vorigen Aufenthalt. Dass die Ferienwohnung frisch renoviert war, uns Frühstück und die Möglichkeit zum Kochen bot, aber auch in der Nähe eines Gasthauses lag, machte die Reise komfortabel.
Für die Sektion war Skitouren-Trainer Sascha dabei, er hatte eine an die schwierige Lage angepasste Tourenplanung erstellt, die uns am ersten Tag auf den 2247 Meter hohen Berg „Hoher Napf“ führte.
Eine zu den Verhältnissen passende, gemütliche Eingehtour von 8,6 Km Länge und fast 750 Hm im Aufstieg, die uns zunächst über Waldwege und in den Wald eingestreute, kleine Weideflächen führte, an einer Kapelle vorbei und zu einer größeren Alm, wo sich die Landschaft weitete.
Der Schnee war gering, zerfahren und in schlechtem Zustand, aber der Erlebnisfaktor hoch und je höher wir kamen desto mehr kam die Sonne heraus. Der gemütliche Hohe Napf überraschte uns zum Ende hin sogar noch mit einem recht scharfen Gipfelgrat, den in diesem Gelände so kaum einer erwartet hatte und den wir vom Skidepot aus zu Fuß begingen. Die Abfahrt hatte mehr Abenteuer- als Genuss-Charakter, aber unten im Tal waren wir alle zufrieden und angemessen erschöpft.
Ein Tag auf ehemaliger Skipiste
Den folgenden Tag verbrachten wir dann tatsächlich auf einer Skipiste, genauer gesagt: auf einer ehemaligen Skipiste. Lifte gibt es dort keine mehr, der Sattelberg (2143 Meter, 8,6 Km, 814 Hm Aufstieg) gehört seit einigen Jahren wieder den Skibergsteigern. Anders als beim Tag zuvor war es hier eine Tour mit Hinweg = Rückweg und zwischenzeitlicher zweimaliger Einkehr in einer Almwirtschaft - beim ersten Mal um Werkzeug zu leihen und eine Bindung zu reparieren, beim zweiten Mal zur Stärkung und um den Ausreißer eines Gruppenmitglieds mittels einer Runde Schnaps zu bestrafen/belohnen.
Denn das Wetter war wirklich außerordentlich beschi..en, in der Gipfelregion war der Nebel so dick, dass die Skispitzen nur noch knapp zu sehen waren. Aber einer der fünfe hatte trotzdem mächtig Auftrieb und holte sich den Gipfelerfolg, während die anderen viere vernünftigerweise bei Erreichen der Nebelzone umgedreht sind. Da war der mit Auftrieb aber schon enteilt und bei der Abfahrt überholte er dann die Gruppe sogar noch unbemerkterweise. Das war aus jeder Sichtweise eine Runde Schnaps wert.
Skifahrerische Höhepunkt
Am dritten und letzten Tag der Kurztour dann der (skifahrerische) Höhepunkt: die 2390 Meter hohe Vennspitze. Mit 6,6 Km und 740 Aufstiegs-Hm die kürzeste Tour, aber landschaftlich und skifahrerisch die schönste. Zuerst ging es durch wunderbar verschneiten, lichten Lärchenwald, dann über freie Flächen. Wir hatten Schnee, Sonne, Nebel und manchmal alles gleichzeitig. Das machte allen mächtig viel gute Laune und sorgte für tolle Fotos. Auch hier erfreute uns ein kleiner Grat am Ende, bevor wir die auch skifahrerisch tolle Abfahrt genießen konnten. Allerdings kamen an diesem Tag alle 4 Lawinen-Airbags zum Einsatz - zum Glück aber nicht in einer Lawine, sondern auf einem kleinen Hang auf der Heimfahrt zu Übungszwecken.
Der Wetter-technische und animalische Höhepunkt war aber sicherlich die abschließende Lama-Wanderung am Abfahrtstag, die uns bei strahlendem Sonnenschein mit guter Laune und ausreichend Power für die Heimfahrt versorgte.
Text: Martin Brust
Fotos: Sascha Mache, Martin Brust, Markus Sattler